Sie kennen das berühmte Zitat vom Automobilbauer Henry Ford? „Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“ Das entstand lange vor dem Internet, sogar noch vor dem 2. Weltkrieg. Damals war Werbung mit hohen Streuverlusten verbunden. Quasi ein Schuß mit der Schrotflinte – irgendjemanden wird es schon treffen.
GESCHRIEBEN VON
Den Website-Erfolg messen und steuern
Geschrieben von Daniel Weichert
Digitale Spuren im Internet - Erfolg messen und steuern
Mit der Schrotflinte müssen wir heute nicht mehr schießen, denn wir haben jetzt ein nagelneues Scharfschützengewehr – das Internet! Im Internet hinterlässt alles und jeder seine (digitalen) Spuren. Kein Klick, kein Scrollen, kein Websitebesuch bleibt unerkannt.
Klasse, dass wir jetzt alles messen und auswerten können. Insbesondere für die eigene Unternehmenswebsite ist es wichtig zu wissen, was dort besucherseitig so passiert. Ohne diese Kenntnis lässt sich der Websiteerfolg nur schwer bestimmen und wir sind wieder bei Henry Ford und dem hinausgeworfenen Geld. Laut Datenanalyse-Fachfrau Anisa Boumrifak, Geschäftsführerin von M8 performance (München) liefert Webanalyse Hinweise und gibt Impulse zu:
- Kosten-Umsatz-Relation
- Kundengewinnung und Kundenbindung
- Nachfrage oder Problemen mit den angebotenen Leistungen
Für die Expertin ist Webanalyse kein Projekt, das irgendwann einmal abgeschlossen wird, sondern ein fortwährender Kreislauf aus Planen – Tracken – Analysieren und Bewerten.
Nur wer seinen Erfolg misst, kann ihn auch steuern.
Nur die Hälfte wertet Daten aus
Doch wie sieht es in der Praxis aus? Werden die Besucherspuren auf Webseiten fleißig gemessen und daraus die richtigen Schlüsse gezogen? Leider nicht immer. In unserer Beratung machen wir immer wieder die Erfahrung, dass entsprechenden Webanalytic-Tools zwar installiert sind, aber nur rund die Hälfte unserer Kunden wirklich reinschaut und die Daten auch auswertet.
Ohne Ziel keine Messung
Mit der Webanalyse ist es ein bisschen wie mit der Auto-Navi: Sie liefert nur dann gute Informationen, wenn die Ziele klar, erreichbar und messbar formuliert sind. Maik Bruns, Gründer und Inhaber der Web-Analyse-Consulting-Agentur Metrika (Emsdetten) empfiehlt, sich erst einmal grundsätzliche Fragen zu stellen:
- Warum existiert die Website?
- Was soll sie für uns erreichen?
- Womit soll sie dein Wachstum beschleunigen?
Danach können dann – zumindest bei klassischen Online-Geschäftsmodellen – folgende Ziele abgeleitet werden:
- Bestellungen
- Profit
- Umsatz
- durchschnittlicher Bestellwert
- Registrierungen
- Anfragen, Downloads
- Newsletter-Registrierungen
- durchschnittliche Seitenansichten
Wie funktioniert Webanalyse eigentlich?
Gemessen werden digitale Spuren mit Hilfe eines Tracking Codes (Java Script), der auf der Webseite im Header-Bereich installiert und vom Besucher-Browser (Edge, Firefox und ähnliche) interpretiert wird.
Um wiederkehrende Besucher zu erkennen, kommen zusätzlich sogenannte Cookies zum Einsatz. Das sind Benutzerprofile, die auf den Rechnern der Besucher bis zu zwei Jahre gespeichert werden. In der Praxis stolpert Webanalyse nicht selten über folgende „Verhinderer“:
- Privacy-Option im Browser aktiviert (Tracking wird ausgeführt, aber Cookies werden nicht gespeichert)
- Cookies werden vom Besucher gelöscht oder blockiert
- Java-Skript ist ausgeschaltet
- Ad-Blocker sind eingeschaltet
Vorsicht beim Einsatz von Cookies
Zu Cookies, die nicht „unbedingt erforderlich“ sind, muss der Besucher aktiv einwilligen, verlangt der Europäische Gerichtshof. Da die aktive Einwilligung, bevor weitergesurft und gemessen werden darf, keine für die Webseitenbetreiber praktikable Lösung ist, arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium bereits an einer Änderung des Telemediengesetzes. Möglicherweise kommt auch der europäische Gesetzgeber mit einer neuen Reglung im Rahmen der ePrivacy-Verordnung zuvor.
Welche Daten werden gemessen?
In der Webanalyse werden zwei Typen von Daten gemessen: Metriken und Attribute. Eine Metrik ist ein Maß, das in regelmäßigen Abständen Daten einholt – also eine Art Zähler. Mit Metriken wird gerechnet. Zu den bekannten Metriken in der Webanalyse zählen:
- Seitenaufrufe (Page Views)
- Besuche (Visits)
- Besucher (Unique Visitors)
- Einstiege, Abbrüche, Ausstiege
- Ereignisse, Events
Attribute hingegen beschreiben Eigenschaften, Merkmale oder Kennzeichen. Zu den wichtigsten Vertretern gehören:
- Traffic Informationen (Quelle, Kampagne, Werbemittel)
- Domain
- Endgeräte
- Produkte und Produktkategorien
- Navigationselemente
Aus Daten werden Erkenntnisse
„Daten haben wir genug, aber es kommt darauf an, was wir damit machen“, erklärt Maik Bruns. Um aus Daten Erkenntnisse zu gewinnen, braucht es sogenannte Key Performance Indikatoren (KPI). Diese zeigen, wie erfolgreich die Website in Bezug auf die Zielsetzung ist.
Laut Frau Boumrifak fassen „gute KPI“ relevante Daten zusammen und veranlassen Aktionen. KPIs sollten klar formuliert sein und sich auf die wesentlichen Ziele konzentrieren. Aus den KPIs kann dann ein übersichtliches Analytics-Dashboard gebastelt werden, um Entscheidern einen schnellen Überblick über den Erfolg der Webseite zu verschaffen. Typische KPI in der Webanalyse sind:
- Anzahl an Bestellungen
- Umsatz
- durchschnittliche Warenkorbgröße
- Conversion Rate (Websitebesucher, der gewünschte Aktion durchführt, z.B. Abonnieren eines Newsletters).
- wiederkehrende vs. neue Besucher
Daten interpretieren
Viel Hirnschmalz fließt auch in die Interpretation der Daten. Nehmen wir mal die Bounce Rate, zu Deutsch: Absprungrate. Diese Kennzahl beschreibt den Anteil an Besuchern, die nur einen einzigen Seitenaufruf erzeugen. Eine niedrige Bounce Rate muss nicht immer von Vorteil sein, da sie auch ein Hinweis darauf geben kann, dass sich nur bekannte Gesichter auf der Website tummeln, was bei der Zielsetzung „Neukundengewinnung“ schlecht ist.
Frau Boumrifak empfiehlt Werte zwischen 30-70 Prozent. Ist die Bounce Rate zu hoch, kann das viele Ursachen haben. Jetzt geht es an die Fehlersuche. Hinweise liefern folgende mögliche Unzulänglichkeiten:
- kein relevanter Content
- zu langsame Ladezeiten
- keine Handlungsaufforderungen
- unübersichtlicher Seitenaufbau
- Website besteht nur aus einer Seite
Auch bei der Conversion-Rate – dem heiligen Gral für viele Webanalytiker – sollte man vorsichtig sein. Eine hohe Conversion Rate bedeutet nicht immer: „Es läuft super“. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie haben im Monat nur einen Besucher, der dann auch kauft. Die Conversion Rate liegt bei wahnsinnigen 100 Prozent, der Erfolg des Shops ist jedoch sehr niedrig.