Neulich saß ich nach langer Corona-Zurückhaltung bei einem privaten Dinner neben einer sehr netten Betreiberin eines Ladengeschäfts für Wohndesign. Die Folgen und unverhofften Auswirkungen für jeden Einzelnen der Persönlichkeiten am Tisch waren natürlich das vorherrschende Gesprächsthema. Aber meine Tischnachbarin war sichtlich am meisten gefordert. Und als ihr jemand flüsterte, „Der neben dir ist Profi!“ sprudelte es nur so aus ihr heraus.
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Fragenplagen zur Karten-Akzeptanz: Zahlsysteme im Überblick
Geschrieben von Haldun Dagistan
Inhaltsverzeichnis
Soll Sie Karten akzeptieren? Einen Online-Shop eröffnen? Ja, sie weiß, das wäre die zukunfts-sichernde Investition, aber, ehrlich, welche Karten soll ich denn da akzeptieren? Wie hoch sind die Gebühren? Was ist mit Leuten mit Betrugsabsichten? Wann bekomme ich von wem mein Geld? Mit wem muss ich überhaupt einen Vertrag abschließen? Gibt es Richtlinien, die ich beachten muss – aber hey, das Wichtigste ist: Was kostet das alles?
Sie ahnen es, es wurde ein langer Abend.
Tief durchatmen - das sind in der Tat viele Fragen
Als ich vor fast 30 Jahren im Payment-Business gestartet bin, gab es Kartenorganisationen und kartenherausgebende Banken. Über die Jahre hat sich darüber hinaus eine unüberschaubare Anzahl Dienstleister entwickelt, die heute Teil des Prozesses im Payment sind: Acquirer, Issuer, Terminalhersteller, Netzbetreiber, PSP (Payment Service Provider) – all diese Begriffe: erst mal Böhmische Dörfer.
Wenden wir uns aber hier der Frage zu, die den Händler am meisten umtreibt:
Welche Kosten und Gebühren kommen auf mich zu?
Das ist gar nicht so unübersichtlich. Für die Kreditkartenabwicklung in einem stationären oder Online-Shop fällt die sogenannte Disagio-Gebühr an, die sich aus 3 Komponenten zusammensetzt:
- INTERCHANGE-GEBÜHR:
Das Interbankenentgelt ist die Gebühr, die bei jeder Kartentransaktion vom Acquirer (Händlerbank) an den Issuer (die kartenausgebende Bank) gezahlt wird. Die Höhe dieses Entgelts ist von mehreren Faktoren(regulierte- / nicht-regulierte Karte, Kartenherkunft, Qualität/Sicherheitslevel der Transaktion etc.) abhängig und von den Schemes klar definiert.
(Seit 2016 sind die Gebühren für Standard Karten auf 0,30 % festgelegt) - GEBÜHR FÜR DAS KARTENSYSTEM / SCHEMES (+):
Die Kartenorganisationsgebühr ist eine Gebühr, die vom Acquirer (Händlerbank) an die Schemes (Kartenorganisationen) für die Nutzung deren Netze zu entrichten und von mehreren Faktoren abhängig ist. (Kartenorganisationen kennen Sie: Visa, Mastercard, American Express, usw.) - BEARBEITUNGSGEBÜHR (++):
Die wird von Ihrem Zahlungsanbieter für die Verarbeitung der Transaktion berechnet – in der Regel in Prozentsätzen vom Karten-Umsatz . - NETZBETREIBERGEBÜHREN (stationär) und PSP-GEBÜHREN (Onlineshop)
Im stationären Handel fallen hierüber hinaus noch die Kosten für Kauf oder Miete des Terminals an. Zusätzlich wird eine Transaktionsgebühr erhoben. Bei Ladengeschäften erhält diese der Netzbetreiber, bei Online-Shops der PSP (Payment Service Betreiber). Bei Betrieben, die sowohl stationären, als auch Online-Handel betreiben, fallen leider beide Gebühren an.
An dieser Stelle runzeln Vereinzelte wahrscheinlich bereits die Stirn...
2016 hat die Europäische Kommission verordnet, dass Händler die Zusammensetzung der Gebühren der einzelnen Marktbeteiligten kennen sollen. Diese für den Laien schwierig zu bewertenden Informationen hat bei den kleinen und mittleren Händlern mehr für Verwirrung gesorgt, als für Transparenz. Wenn Sie Zeit und Muße für prickelnde Texte haben – finden Sie die entsprechende Verordnung hier.
Aber lassen Sie sich nicht beirren. Hier kommen eine paar Begriffserklärungen, die Sie sich nicht merken müssen, die aber helfen, sich mit dem Gebührenmodellen auseinanderzusetzen, damit Sie schlussendlich ein für Sie passendes Abrechnungs-Model auszuwählen können.
Joker-Knowhow für Besserwisser
Disagio („Blended Charges“):
In Neudeutsch der „All-in-one Tarif“. Eine gemischte Preisgestaltung, sogenannte “Blended Charges”, berechnet eine durchschnittliche Bearbeitungsgebühr plus einen festen Aufschlag. Die funktionale Wahl für kleine und mittlere Unternehmen.
Interchange +:
Ein Preismodell, das die Interchange-Raten (Abgaben an die Kartenherausgebenden Banken pro Transaktion) aufzeigt.
Interchange++:
Ein Preismodell, das den Einbehalt der Interchange-Raten, Abgaben an die Kartenherausgebenden Banken und die Kartenorganisation pro Transaktion ausweist. (siehe oben 3.) Sollten z.B. die Interchange-Raten sinken, werden die Einsparungen weitergegeben.
Schön, und was braucht der Acquirer jetzt von mir?
Damit ein Gebührensatz (Disagio, Interchange Plus oder Interchange ++) kalkuliert werden kann, benötigt der Acquirer folgende Informationen:
- Umsatzvolumen:
Nicht der Unternehmensumsatz, sondern der Kartenumsatz ist gemeint - Bongröße:
Das ist der durchschnittlicher Transaktionsbetrag - Transaktionsart:
Über welchen Kanal werde ich vom Karteninhaber kontaktiert? (MoTo: MailOrder oder TelefonOrder, POS (Point of Sales): Kartenakzeptanz über ein Terminal, eComm: Produkte werden im Shop gekauft und die Kartendaten des Karteninhabers anschließend über die Kasse erfasst) - Kartenherkunft:
Woher kommen die Karteninhaber? Ist die kartenherausgebende Bank national, intera (europäische Bank) oder international (USA und/oder Asien)? - Angaben zu den zu verkaufenden Produkten
Wichtig, wenn z. B. ein Risikozuschlag für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen nötig wird
Das sind erst mal viele Angaben, aber keine Bange – wenn der Händler nicht alle Fragen beantworten kann, wird der Acquirer nach seiner Erfahrung schätzen und mit diesen Komponenten kalkulieren.
Und sollte dann etwas doch anders laufen als erwartet – fragen Sie im Folgejahr nach und justieren Sie die Konditionen neu. Es lohnt sich! Und zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, wenn Sie mehr wissen möchten. PS: Die Nach-Corona-Dinner-Dame hat inzwischen einen Online-Shop verwirklicht.