Onlineshop-Systeme: So finden Sie die passende Lösung

Geschrieben von Josef Willkommer

Die Nachfrage nach Onlineshops ist ungebrochen und nimmt sogar weiter zu. Daher stehen für potentielle Shopbetreiber auf der Suche nach Onlineshop-Software unterschiedlichste Lösungsansätze parat. Eine Entscheidung für den jeweiligen Ansatz sollte also sehr gut überlegt sein, da ein einmal eingeschlagener Weg mitunter nur mit größerer Anstrengung geändert werden kann. Dieser Fachbeitrag erklärt, was beachtet werden muss.

Einleitung

Zu Beginn sollte man sich als angehender Shopbetreiber auf der Suche nach einem Shopsystem folgende Fragen stellen:

  1. Welche Funktionalitäten bzw. Anforderungen müssen zwingend erfüllt werden?
  2. Welche Features oder Gimmicks sollten nach Möglichkeit abbildbar sein?
  3. Was wäre wünschenswert bzw. „nice to have“?
  4. Ist bereits ein Lösungsansatz bekannt, der alle notwendigen Anforderungen erfüllt?
  5. Wie viel individuelle Anpassung ist erforderlich bzw. gewünscht?
  6. Inwieweit kann ich IT-Know-how und Ressourcen zur Verfügung stellen?
  7. Welches Budget steht zur Verfügung bzw. kann bereitgestellt werden?

Grundsätzlich stehen vier verschiedene Ansätze zur Verfügung. Im Folgenden werden sie vorgestellt.

1. Standardsoftware / Kaufsoftware

Wie in vielen anderen Bereichen gibt es natürlich auch im Bereich der Shop-Software fertige Lösungen „von der Stange“, die in unterschiedlichsten Preisklassen angeboten werden. Wenn Sie eine solche Lösung verwenden, müssen Sie Ihr Business und Ihren Workflow entweder an die Software anpassen oder einen Weg finden, um sich mit Workarounds und Kompromissen zu behelfen.

Einige wichtige Fragestellungen, wenn Sie Standardsoftware in Betracht ziehen:

  1. Sind die anfallenden Kosten und Gebühren transparent und bekannt?
  2. Kann die angebotene Lösung von mir so verwendet werden, oder müssen zuerst umfangreiche Anpassungen vorgenommen werden?
  3. Bestehen vertragliche (Support-)Verpflichtungen o.ä.?
  4. Gibt es versteckte Kosten? Wie sieht das Lizenzmodell im Allgemeinen aus? Fallen nutzungs- oder nutzerabhängige Kosten an?
  5. Wie sieht es – unter Berücksichtigung der Lizenzkosten inkl. Support und Mitarbeiterschulungen – mit der Kosteneffizienz aus?
  6. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, beim Einsatz der Software unter Berücksichtigung des Aufwandes mittel- und langfristig auch wirklich Geld zu verdienen?

Standardsoftware / Kaufsoftware

Vorteile

  1. klare Kostenstrukturen
  2. standardisierte Lösungen
  3. schnelle Implementierung
  4. professionelle Supportmöglichkeiten
  5. praxiserprobt und getestet
  6. Garantieleistungen

Nachteile

  1. relativ starr und unflexibel
  2. eingeschränkte Anpassungsmöglichkeiten
  3. Abhängigkeit vom jeweiligen Anbieter
  4. keine Wiederverkaufs- bzw. Eigentumsrechte
  5. „Sackgasse“, wenn die Entwicklung der Software eingestellt wird
  6. gegebenenfalls versteckte Kosten (Support etc.)
  7. möglicherweise sehr teurer Support

Beispiele

Cosmoshop
IBM Websphere Commerce
HYBRIS

2. Eigenentwicklung

Der radikalste und kompromissloseste, aber zugleich auch flexibelste und individuellste Ansatz besteht in der Entwicklung einer eigenen E-Commerce-Lösung. Bei diesem Ansatz sollten die nachfolgenden Punkte immer berücksichtigt werden:

Die Arbeit ist mit dem Abschluss der Entwicklung nicht erledigt. Die eigentliche Arbeit beginnt dann erst bzw. besteht laufend weiter. Das System muss selbstständig gewartet und aktualisiert werden. Versuchen Sie die End User möglichst früh in die Entwicklung einzubinden, um mögliche Fehlentwicklungen zu vermeiden. Es gibt nichts Schlimmeres, als im Endstadium festzustellen, dass die Software nicht beim Kunden ankommt.

Kommunikation während der Projektphase ist das A und O. Idealerweise sollte das Ganze über einen versierten Projektmanager erfolgen, der alle Anfragen und Tasks mit Hilfe eines Projektmanagementtools koordiniert und die Schnittstelle zwischen End User und Entwickler darstellt. Wichtig sind möglichst klare Vorgaben für die Programmierer.

Bei der Eigenentwicklung kann darüber hinaus zwischen Inhouse-Entwicklung und Outsourcing unterschieden werden. Gerade in den letzten Jahren ist letzterer Ansatz in Billiglohnländer aus dem osteuropäischen Raum oder Indien immer häufiger anzutreffen. Der Gefahren dieses Ansatzes sollte man sich jedoch von Anfang an bewusst sein. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die vermeintlichen Kosteneinsparungen anhand günstiger Stundensätze durch einen überproportional gestiegenen Abstimmungs- und Projektleitungsaufwand häufig überkompensiert werden. Insofern hier der gut gemeinte Rat: Seien Sie wachsam und lassen Sie sich nicht zu sehr von vermeintlich günstigen Stunden- und Projekt-Fixkosten oder marketinggetriebenen Aussagen beeinflussen.

Eigenentwicklung

Vorteile

  1. 100%ige Anpassbarkeit
  2. keine Kompromisse nötig
  3. USPs durch eigene Features und Funktionalitäten

Nachteile

  1. sehr teuer
  2. lange Implementierungsdauer
  3. hoher laufender Aufwand (Bugfixing etc.)

3. Open-Source-Software

Neben der klassischen Kaufsoftware ist die Open-Source-Software inzwischen einer der am stärksten verbreiteten Ansätze – gerade im Bereich E-Commerce. Dabei wird Open Source fälschlicherweise sehr häufig mit kostenlos bzw. „fast geschenkt“ verwechselt. Richtig ist zwar, dass diese Softwarelösungen lizenzkostenfrei angeboten werden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Software keine Kosten verursacht.

Die Kosten entstehen in diesem Fall durch die kundenindividuelle Anpassung sowie für Wartung, Support und laufenden Betrieb. Grundsätzlich handelt es sich bei Open-Source-Projekten um eine „Zwitterlösung“ zwischen Kaufsoftware und individueller Programmierung: In aller Regel besteht bereits eine umfangreiche Basis mit entsprechenden Funktionalitäten, die jedoch – durch die Offenlegung des Quellcodes – jederzeit erweitert und an die individuellen Kundenbedürfnisse angepasst werden kann.

Beim Einsatz von Open-Source-Lösungen sollte man jedoch auch immer die zugrundeliegenden Lizenzbedingungen beachten. Häufig kommt die sogenannte GPL-Lizenz zum Einsatz, die vereinfacht gesagt folgendes Agreement beinhaltet: Die zugrundeliegende Software kann kostenfrei genutzt werden. Erweiterungen und Anpassungen müssen im Gegenzug aber auch wieder der Community bzw. der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden.

Wer ganz individuelle Anpassungen benötigt, die er nicht mit anderen teilen will, sollte den Einsatz von Open-Source-Software noch einmal überdenken. Der Open-Source-Ansatz bringt – sowohl für Neueinsteiger als auch für erfahrende E-Commerce-Betreiber – nicht nur wegen der entfallenden Lizenzkosten einige Vorteile und wird daher immer beliebter.

Open-Source-Software

Vorteile

  1. keine Lizenzkosten
  2. riesige, teils sehr engagierte Entwicklergemeinde
  3. umfangreiche Supportmöglichkeiten
  4. umfangreiche Anpassungen möglich

Nachteile

  1. keine Garantieleistungen
  2. mitunter eingeschränkte Update- bzw. Upgrademöglichkeiten
  3. teils fehlende Dokumentation
  4. zum Teil keine „Exklusivität“

Beispiele

Magento
Shopware
OXID

4. Software-on-Demand / Mietsoftware

Ein etwas neuerer Ansatz im Bereich Softwarevertrieb bzw. Softwareeinsatz hört auf den Namen SaaS. Das Kürzel steht für „Software as a Service“. Es handelt sich um die Miete von standardisierten Softwarelösungen inklusive aller notwendigen Services wie Hosting, laufende Aktualisierung sowie verschiedener Zusatzleistungen wie Web-Analytics, Schnittstellen etc.

Gemäß aktueller Studien wird sich die Verbreitung von SaaS- bzw. Cloudsoftware in 2020 im Vergleich zum letzten Jahr nahezu verdoppeln. Vor dem Einsatz von SaaS-Lösungen sollte man die nachfolgenden Vor- und Nachteile jedoch gründlich abwägen.

SAAS / Mietsoftware

Vorteile

zum Teil recht günstige (monatliche) Einstiegskosten

schnelle Implementierung

getestete Komponenten

leistungsfähige und sichere Infrastruktur

Nachteile

hohe Abhängigkeit vom Anbieter

eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten

verminderte Anpassungsmöglichkeiten

Daten liegen extern

Beispiele

1 & 1 Onlineshop
epages

Fazit

Eine allgemeingültige Aussage für die Wahl des richtigen Software-Ansatzes lässt sich kaum treffen, da sie von einer Vielzahl an unterschiedlichen Parametern und individuellen Besonderheiten abhängt.

Grundsätzlich gilt: Je individueller und kompromissloser die Implementierung sein soll, desto näher rückt man in den Bereich der Individualprogrammierung. Hier sollte hinter die Bereiche Implementierungszeit und -kosten jedoch von Anfang an ein großes Fragezeichen gesetzt werden, da sie im Vorfeld mitunter nur sehr schwer valide beziffert werden können!

Open-Source-Lösungen versprechen zwar einen sehr interessanten Ansatz, sind jedoch nicht für alles und jeden geeignet. Vor allem sollte man hier die Vorstellung „Open Source = gratis“ sehr schnell über Bord werfen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Der Ansatz verbindet die Vorteile von Standardsoftware mit der Flexibilität der Individualprogrammierung. Die Lizenzproblematik sollte jedoch immer berücksichtigt werden.

Standardsoftware kann dann ein gangbarer Ansatz sein, wenn der benötigte Funktionsumfang genau feststeht und man mit bestehenden Lösungen – und mit entsprechender Kompromissbereitschaft – leben kann. Zudem kann der Ansatz immer dann von Interesse sein, wenn hier ein Hersteller/Unternehmer im Hintergrund gewünscht ist, den man bei Bedarf um Support bitten bzw. im schlimmsten Fall auch belangen kann.

SaaS-Lösungen eignen sich dann besonders gut, wenn man in Sachen Funktionalität und Integration kompromissbereit ist, die Abhängigkeit von einem Lösungsanbieter nicht scheut und laufende (Miet-)Kosten einkalkulieren kann.